Söhnchen und ich haben gestern einen Kulturtermin im beschaulichen G. mitten auf dem platten Land wahrgenommen. Der ließ sich nicht umgehen, denn ein junger Hornist muss ja mal hören, was für Töne andere so von sich geben – für gestern war nämlich das Herbst-Openair-Konzert eines Jagdhornorchesters angesetzt. Auf dem Dörpplatz. Im Dunkeln. Bei Fackelbeleuchtung. Nun denn.
Wir erreichten die Location pünktlich vor Konzertbeginn und fanden sogar noch einen Parkplatz im inneren Parkkreis. Wer hätte gedacht, dass so ein kleiner Ort über einen so großzügig bemessenen Feierplatz mit KFZ-Stellfläche verfügt, staunte ich, schloss das Auto ab, schlug den Kragen hoch und schlurrte mit dem Fast-Teenager über taunasses, überlanges Gras in Richtung des Lichterscheins.
Nach unserem Eintreffen fiel das Durchschnittsalter der Anwesenden prompt um etliche Jahre auf etwa 68. Ich schaute mich interessiert um: ein Kinderwagen mit schlafendem Enkelkind, ein Rollator, alle anderen Kultursuchenden hielten sich noch ganz wacker selbst auf den Beinen.
Man lief ein weiteres kleines Stück gemeinsam bis zu einer gepflasterten, baumumstandenen Fläche. Unscharf in der zunehmenden Dunkelheit nahm ich im Vorbeigehen Rosskastanien und Linden wahr. Außerdem Altherren-Rasierwasser, schwärende Fackel, Herbstrasen.
Die etwa zwanzig, auch in die Jahre gekommenen MusikerInnen formierten sich auf dem Steinrund zu einem Halbkreis, nahmen die vorschriftsmäßige Ruhehaltung ein (Horn in der gesenkten Rechten, die linke Hand in die Seite gestützt) und schauten gespannt auf ihren Ersten Hornisten, der sich mit dem Rücken zum Publikum aufstellte. Auf Kommando setzten alle zackig ihr Messingrohr an und schickten blecherne Schallwellen durch die Nacht.
Ein Jagdhorn ist ein Instrument ohne Ventile; Tonhöhen werden nur mit der Blastechnik verändert, der Ton selbst durch Lippenschwingung in verschiedenen Frequenzen erzeugt. Realisierbar sind nur die natürlichen Obertöne, das sind die Vielfachen eines Grundtones.
Diese physikalische Realität ist wohl der Grund, dass der fachfremde Zuhörer viele Jagdhornstücke mehr als Signalblaserei als als harmonische Melodieentwicklung wahrnimmt.
Da – di. Da – diiiiiiii.Da – di. Da – diiiiiiiiii.
Da – di. Da – diiiiiiiiii. Duuuuuuuuuuu.
Wers mag.
Ich stand im Dunkeln, Söhnchens Gesicht schwamm algengrün etwa 1,45 Meter über dem Grund, geisterhaft angeleuchtet von seinem Handy, auf dem er hingebungsvoll die Darbietung mitschnitt.
Er hatte Glück: auf seiner Aufnahme ist das leise Anpfeifen jeglichen Stückes durch den Ersten Hornisten nicht zu hören, mit dem der seinen Ensemblemitgliedern die Melodie des geplanten Stückes ins Gedächtnis rief, noch hört man das leise begleitende Mitpfeifen oder Mitsummen jeglichen Stückes durch Fachkundige unter den Zuschauern.
Jagdhornstücke sind offenbar oft recht kurz. Vielleicht gibt es auch gar nicht so viele Stücke fürs Jagdhorn? Unser Konzert war jedenfalls schon nach einer halben Stunde (und ganz ohne Zugabe) gelaufen und die zufriedene Menge verzog sich schnell weiter ins Dörphuus zum Feiern oder auch nachhause.
Söhnchen und ich aber vertraten uns noch ein wenig auf dem nun verwaisten Dörpplatz die Beine. So ein Handy ist eine astreine Taschenlampe, mit der man auch im Stockdustern noch gut Kastanien und Eicheln auf dem Rasen suchen (und finden) kann. Ich brauchte doch dringend noch ein paar Herbstfrüchte,
um meine Herbst-Posts damit pimpen zu können!
Und so zogen wir dann nach ein paar Schleifen und Spiralen um die ernsten Baumriesen in G. und sind danach beide zufrieden nachhause gefahren. Ich mit meinem Tütchen Baumfrüchte und Söhnchen mit seinem Mitschnitt, dem er auch auf der Heimfahrt noch entzückt lauschte.
Alle, die diesen Beitrag bis hierhin interessiert gelesen haben, werden mit einer kleinen Kostprobe belohnt.
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Na dann, gute Nacht!
Rike Menn